Havelland ist Mistelland

05. März 2018. Oft schaue ich sehnsüchtig die Baumkronen hoch, auf denen die unerreichbaren, immer grünen Misteln sitzen. Zu gerne würde ich ein, zwei Zweiglein pflücken und mit nach Hause nehmen. Heute hatte ich großes Glück, die Gemeinde hat zwei alte, von Misteln überwucherte Weiden gefällt und ich konnte mich aus einem Meer aus Misteln bedienen.
Im Frühjahr und Winter, wenn noch nichts Grünes zu sehen ist, dann sind es im Havelland lediglich die Misteln (Viscum album), die wie grüne Nester in den Baumkronen sitzen. Den runden Puscheln an den Feldrändern und in der Döberitzer Heide scheint die schlimmste Kälte nichts anhaben zu können. Die Mistel ist ein Halbschmarotzer, d.h. sie gelangt i.d.R. durch Vogelkot auf die Äste von Bäumen und ist somit neu ausgesäht, der Sproß bohrt sich durch die Rinde bis zu den gewünschten Nährstoffen in den Leitungsbahnen und fängt dann an zu wachsen.
Misteln wachsen sehr langsam und können bei einem Durchmesser von 1 m schon zwischen 20-30 Jahre alt sein. Das heißt, die Misteln, die ich heute gefunden habe, könnte fast so alt sein wie ich.
Der Name leitet sich ab vom althochdeutschen „mistil“, was soviel bedeutet wie „Mist“. Was auf die Verbreitung der Mistel durch die Ausscheidung der Vögel zurückzuführen ist. Volkstümlich hatte sie noch viele andere Namen wie Vogelchrut, Geißechrut, Donarbesen, Hexenkraut oder Hexenbesen. Das lateinische „Viscum“ lässt auf die römische Herstellung von Leim aus den klebrigen Beeren schließen und „album“ mit der Bedeutung „weiß“ bezieht sich auf die Beerenfarbe.
In mystischen Berichten wird von den Druiden, den Priestern der Gallier berichtet. Sie sollen die Misteln zu Zauberzwecken geschnitten haben, aber nur mit einer goldenen Sichel. Sie schrieben dieser Pflanze, die auch im tiefsten Winter noch stark und lebendig grünt, besonders starke Kräfte zu. Auch zu medizinischen Zwecken wurde sie seit Jahrhunderten eingesetzt. Mistelpräparate werden in der Krebstherapie eingesetzt, um die Lebensqualität der Erkrankten zu verbessern. Dieser Einsatz ist jedoch umstritten.
Am präsentesten scheint sie in der angelsächsischen Weihnachtstradition verankert zu sein. Dort hängt man zur Weihnachtszeit Mistelzweige über einem Durchgang auf, treten zwei Menschen versehentlich gleichzeitig unter das Grün, müssen sie sich einen Kuss geben, so die Tradition.